Training für Vierbeiner

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Keine Scheu vor Flagge und Fanfare

Die Kutsche ziehen: Darin sind die Pferde von Josef Stammkötter Experten. Doch können sie auch mit Flaggen umgehen, die ihnen an die Köpfe wehen, mit lauten Fanfarenklängen – und mit Reitern? Das wollen einige Mitglieder des Berittenen Fanfarenzugs Freckenhorst herausfinden.

Sie sind an diesem Abend auf dem Hof in Warendorf, um die Pferde zu testen und ein erstes Mal zu trainieren. Regelmäßig suchen der Vorsitzende Randolph Mevert und andere Mitglieder nach geeigneten Vierbeinern, die bei den Auftritten des Fanfarenzugs dabei sein können.

Da die Stammkötter-Vierbeiner keine Reiter gewöhnt sind, lautet die erste Einheit: Aufsitzen. Prinz zuckt zusammen, wenn Tina Middendorf den Stiefel in den Steigbügel setzt. Das klappt noch nicht – er wird erst einmal geführt. Bei Cessna, Aische und Freddy funktioniert es dagegen schneller. Eine Runde nach der anderen ziehen die Reiter Dustin Neumann, Klaus Achtermann und Florian Rompusch auf dem Rücken der Pferde über die Wiese.

Doch eine ruhige Wiese ist eben nicht die Umgebung, die auf die Pferde wartet, wenn sie bei Auftritten des Fanfarenzugs mitgehen – vielmehr sind es Straßen, auch mit Kanaldeckeln oder Holzbrücken, es ist hektisch, und es kann laut werden. „Jedes Pferd erschrickt sich bei Lärm“, sagt Mevert. „Die Frage ist: wie sehr?“

Tina Middendorf hat inzwischen einen Weg gefunden, wie sie auf den Rücken von Prinz gelangen kann: die Stiefelspitze verstellen, sodass sie ihn nicht in den Bauch trifft. Somit haben alle Pferde gelernt, was es heißt, einen Reiter zu tragen, und es kann weitergehen mit Lektion 2. Dafür wedelt Jörg Middendorf zunächst ein wenig mit einer der Fanfaren des Zugs herum. Sie sind mit einer samtenen, roten Fahne geschmückt – auch etwas, womit die Pferde sonst nicht in Berührung kommen. Prinz ist aber ganz neugierig und beschnüffelt die Fanfare. So beginnt Middendorf, auf ihr zu spielen. Ein lauter, aber angenehmer Ton entsteht – offenbar auch angenehm für Pferdeohren, denn die vier zeigen keinerlei Irritationen. „Mit den Fanfaren haben die eigentlich gar kein Problem“, erklärt Randolph Mevert. „Die reagieren eher auf scheppernde Trommeln und hohe Flötentöne.“ Auch die nächste Stufe bewältigen die Pferde mit etwas Eingewöhnung problemlos: Weitere Fanfaren kommen ins Spiel, schließlich blasen auch ihre Reiter welche.

Pferde lernen durch Training viel Neues

Etwa ein Drittel der Mitglieder besitze selbst Pferde, sagt Mevert. Die restlichen der 24 Vierbeiner gehören Besitzern aus Freckenhorst und Umgebung. Für die Besitzer sei das Training ihrer Pferde mit dem Berittenen Fanfarenzug auch von Vorteil, sagt der Vorsitzende: „Dadurch lernen die Pferde Dinge, die sie vorher nicht kannten, sie werden ruhiger.“

Die vier Stammkötter-Pferde sind nun bei der letzten Disziplin für diesen Tag angekommen: die große Flagge. Mevert lässt eine Kanada-Flagge im Wind flattern, legt sie den Tieren über Kopf und Schulter. Auch das klappt gut. „Es ist Wahnsinn, was die in einer Stunde gelernt haben“, resümiert Jörg Middendorf. Weitere Trainingseinheiten werden folgen, eine bereits am nächsten Abend. Schon beim Freckenhorster Schützenfest Ende des Monats könnte dann das eine oder andere dieser vier Pferde mitgehen.

Quelle: Tageszeitung, Die Glocke vom Fr, 17.07.2015